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Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit einem Partner in der regulatorischen Beratung?

Eine gründliche, aber zugleich effiziente Due Diligence ist im MedTech-Bereich besonders anspruchsvoll. Sie erfordert spezialisierte Ansätze, die sowohl regulatorisches Fachwissen als auch wirtschaftliches Denken vereinen. Die enge Kooperation zwischen regulatorischen Berater:innen und Private-Equity-Firmen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für fundierte Investitionsentscheidungen.

Eine Realität unter Zeitdruck

Die vielleicht größte Herausforderung bei regulatorischer Due Diligence im MedTech-Sektor ist der enorme Zeitdruck. Private-Equity-Firmen erwarten oft umfassende Bewertungen innerhalb eines Monats, in manchen Fällen sollen erste Einschätzungen sogar schon früher vorliegen, um die Investition grundsätzlich einschätzen zu können.

Regulatory-Teams müssen sich schnell formieren und teilweise Fachleute aus anderen Projekten abziehen, um den kurzfristigen Bedarf zu decken. Der Zugriff auf technische Dokumentationen, Qualitätssysteme, Zulassungsunterlagen, Datenräume und Compliance-Berichte muss unmittelbar möglich sein.

Diese Dynamik erfordert ein strukturiertes Vorgehen, bei dem erste Eindrücke und potenzielle Risiken bereits vor Abschluss der vollständigen Analyse mitgeteilt werden. Investoren priorisieren dabei nicht die vollständige Dokumentenprüfung, sondern das Verständnis der wichtigsten Compliance-Probleme, möglicher Sanierungskosten und deren Auswirkungen auf das Geschäft.

Unterschiedliche Fachsprachen treffen aufeinander

Eine zentrale Herausforderung in der regulatorischen Due Diligence ist die Kommunikation zwischen zwei sehr unterschiedlichen Berufswelten: Regulatory-Expert:innen und Investment-Profis.

Erfolgreiche regulatorische Due Diligence erfordert die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte klar und wirtschaftlich relevant zu kommunizieren. Das bedeutet:

  • Compliance-Lücken müssen in Bezug auf Zeitbedarf und Sanierungskosten quantifiziert werden.
  • Stärken und Schwächen im Qualitäts- und Regulatory-Management müssen sichtbar gemacht werden.
  • Es muss deutlich werden, wie sich der regulatorische Status auf die Marktzulassung und Umsatzpotenziale auswirkt.
  • Wesentliche Risiken müssen priorisiert werden, während kleinere Compliance-Abweichungen nachrangig behandelt werden.

Der strukturierte Kooperationsprozess im Detail

Eine effektive regulatorische Due Diligence im MedTech-Bereich folgt einem klar strukturierten Ablauf, der Gründlichkeit und Effizienz vereint. Der Prozess beginnt mit einer schnellen Projektinitiierung, um Zeitverluste zu vermeiden. Dazu gehören die zügige Angebotserstellung mit Fokus auf relevante regulatorische Bereiche, ein rascher Vertragsabschluss, die Einrichtung eines sicheren Datenraums sowie die Festlegung von Kommunikationsstrukturen und Berichtsrhythmen.

Systematische Informationsbeschaffung

Die Informationsphase umfasst eine strukturierte Analyse der regulatorischen Dokumentation. Dazu zählen:

  • Technische Akten und Designhistorien
  • Risikomanagement-Dokumentation
  • Klinische Bewertungsberichte
  • Qualitätsmanagementverfahren
  • Regulatorische Einreichungen und Behördenkommunikation
  • Vigilanzberichte, Beschwerden und Rückmeldungen
  • Auditberichte und Korrekturmaßnahmen

Diese Analyse wird durch Interviews mit Regulatory- und Qualitätsverantwortlichen ergänzt. Bei kritischen Fragestellungen können auch Vor-Ort-Audits durchgeführt werden. Zudem erfolgt eine gezielte Stichprobenprüfung von Produktunterlagen unterschiedlicher Risikoklassen sowie eine Bewertung der Lieferanten- und Subunternehmerprozesse.

Kontinuierliche Kommunikation während der Due Diligence

Ein wesentliches Element des Prozesses ist die kontinuierliche Kommunikation zwischen regulatorischen Berater:innen und Investoren. Regelmäßige Statusmeetings, Zwischenberichte mit Fokus auf wesentliche Risiken sowie ein offener Dialog schaffen Transparenz und ermöglichen frühzeitige Investitionsentscheidungen.

Private-Equity-Firmen erhalten so schon vor Abschluss der vollständigen Analyse konkrete Einblicke in mögliche Compliance-Risiken und deren Auswirkungen auf den Unternehmenswert.

Übersetzung regulatorischer Erkenntnisse in wirtschaftliche Auswirkungen

Im nächsten Schritt werden die technischen Bewertungen in geschäftsrelevante Informationen übersetzt. Dazu zählen:

  • Schätzung von Sanierungskosten und Zeitbedarf
  • Bewertung der organisatorischen Leistungsfähigkeit im Bereich Regulatory und Qualität
  • Einschätzung potenzieller Integrationsrisiken nach einer Übernahme
  • Analyse der regulatorischen Strategie im Hinblick auf Marktzulassung und Umsatzpotenziale

Die Ergebnisse dieser Phase fließen direkt in die Bewertung des Zielunternehmens ein.

Abschlussbericht und Übergabe

Der Prozess endet mit einem finalen Bericht, der die regulatorischen Risiken klar benennt, deren Auswirkungen auf das Geschäft erläutert und konkrete Handlungsempfehlungen gibt. Dabei bleibt die Unabhängigkeit der regulatorischen Beratung gewahrt. Die Expert:innen stehen auch in der Verhandlungsphase für Rückfragen zur Verfügung und unterstützen die Deal-Strukturierung.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Für regulatorische Berater:innen

  • Ressourceneinsatz: Schnelle Bereitstellung spezialisierter Expert:innen für zeitkritische Projekte.
  • Unvollständige Informationen: Die Analyse erfolgt häufig auf Basis unvollständiger oder heterogener Dokumentation.
  • Kommunikation: Komplexe regulatorische Sachverhalte müssen für Investoren verständlich aufbereitet werden.

Für Private-Equity-Firmen

  • Komplexität: Technische Details müssen wirtschaftlich interpretiert werden.
  • Dynamische Regulierung: Bewertung unter sich wandelnden Rahmenbedingungen wie MDR/IVDR.
  • Zeitdruck: Balance zwischen Schnelligkeit und Aussagekraft bei der Due Diligence.

 

Best Practices für regulatorische Due Diligence im MedTech-Sektor

Für Investoren:

  • Ziehen Sie regulatorische Berater:innen so früh wie möglich hinzu, idealerweise bereits bei der Auswahl potenzieller Targets.
  • Stellen Sie sicher, dass die Expert:innen frühzeitig Zugang zu vollständiger Dokumentation erhalten.
  • Kommunizieren Sie klare Erwartungen hinsichtlich Tiefe, Detailgrad und Zeithorizont.
  • Setzen Sie auf Berater:innen, die regulatorische Inhalte geschäftsrelevant kommunizieren können.
  • Achten Sie auf die Unabhängigkeit der Bewertung zur Wahrung der Objektivität.

Für Berater:innen:

  • Kommunizieren Sie fokussiert und geschäftsorientiert.
  • Priorisieren Sie materialle Risiken gegenüber geringfügigen Abweichungen.
  • Schätzen Sie Remediation-Kosten und Zeitpläne konkret ein.
  • Betonen Sie die geschäftlichen Auswirkungen regulatorischer Schwächen oder Stärken.
  • Halten Sie Ressourcen und Expertenteams bereit, um flexibel auf kurzfristige Projektanfragen zu reagieren.

Für Zielunternehmen:

  • Strukturieren Sie regulatorische Dokumentation bereits im Vorfeld der Due Diligence.
  • Kommunizieren Sie bekannte Herausforderungen transparent.
  • Stellen Sie fachkundige Ansprechpartner:innen zur Verfügung.
  • Geben Sie Kontext zur regulatorischen Strategie und deren geschäftlicher Zielsetzung.

Fazit

Die regulatorische Due Diligence im MedTech-Sektor ist ein zentraler Bestandteil jeder erfolgreichen Investition. Die Zusammenarbeit zwischen regulatorischen Berater:innen und Private-Equity-Firmen entscheidet über die Qualität und Aussagekraft der Analyse.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt im gegenseitigen Verständnis, in klarer Kommunikation und in der Fähigkeit, regulatorische Komplexität in wirtschaftlich relevante Erkenntnisse zu übersetzen.

Denn nur wer regulatorische Risiken und Chancen frühzeitig erkennt, kann fundierte Investitionsentscheidungen treffen und langfristigen Unternehmenserfolg sichern.

Wenn Sie mehr über regulatorische Due Diligence in der Medizintechnik erfahren möchten, kontaktieren Sie uns gerne. Wir teilen unsere Expertise mit Ihnen.

Inette Nieveen, MSc
Veröffentlicht am:: Juli 17, 2025
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